Bio-Agavendicksaft: Gesundes Süßungsmittel oder versteckte Gesundheitskatastrophe?

Bio-Agavendicksaft: Gesundes Süßungsmittel oder versteckte Gesundheitskatastrophe?
Organic Agave Nectar: Healthy Sweetener or Hidden Health Disaster?

Wenn Sie schon einmal in der Naturkostabteilung Ihres Supermarkts geschlendert sind, haben Sie wahrscheinlich Bio-Agavendicksaft neben Honig und Ahornsirup entdeckt. Agavendicksaft wird als glykämische, vegane und „gesündere“ Zuckeralternative vermarktet und ist in der Wellness-Welt sehr beliebt. Aber ist dieser goldene Sirup wirklich so gut für Ihre Gesundheit – oder birgt er auch weniger süße Geheimnisse? Wir gehen der Wissenschaft auf den Grund, vergleichen ihn mit anderen Süßungsmitteln und finden heraus, ob Bio-Agavendicksaft einen Platz in Ihrer Speisekammer verdient oder besser im Regal stehen bleibt.

Was ist Bio-Agavendicksaft?

Agavendicksaft (manchmal auch Agavensirup genannt) wird aus dem Saft der Agavenpflanze hergestellt, die in Mexiko und im Süden der USA heimisch ist. Der Pflanzensaft wird extrahiert, gefiltert und anschließend erhitzt oder mit Enzymen behandelt, um komplexe Kohlenhydrate in einfache Zucker aufzuspalten. Das Ergebnis ist ein Sirup, der etwa 1,5-mal süßer ist als Haushaltszucker.

Bio-Agavendicksaft wird ohne synthetische Pestizide oder Düngemittel hergestellt, das Endprodukt ist jedoch dennoch stark verarbeitet. Obwohl die Agavenpflanze selbst wertvolle Inhaltsstoffe enthält, gehen viele dieser Inhaltsstoffe bei der Sirupherstellung verloren.

Nährwertangaben

Kalorien und Kohlenhydrate

Kalorien: ca. 310 kcal pro 100 g (ca. 21 kcal pro Teelöffel).

Kohlenhydrate: 76 g pro 100 g, fast ausschließlich aus Zucker – hauptsächlich Fruktose (ca. 82 %) und Glukose (18 %).

Ballaststoffe: vernachlässigbar (0,2 g pro 100 g).

Vitamine und Mineralstoffe

Agavendicksaft enthält geringe Mengen an B-Vitaminen (B1, B2, B6, Folsäure), Vitamin C, Vitamin K und Vitamin E. Um jedoch einen nennenswerten Nutzen zu erzielen, müsste man viel davon zu sich nehmen – etwas, das kein Ernährungsberater empfehlen würde.

Der glykämische Index (GI): Das wichtigste Verkaufsargument der Agave

Einer der größten Vorzüge von Agavendicksaft ist sein niedriger glykämischer Index (GI). Der GI gibt an, wie schnell ein Lebensmittel den Blutzuckerspiegel ansteigen lässt:

Agavendicksaft: 13–27 (sehr niedrig).

Haushaltszucker: 65–92 (hoch).

Honig: 58–83 (mittelhoch).

Ahornsirup: 54 (mittel).

Ein niedriger GI bedeutet, dass Agavendicksaft den Blutzuckerspiegel nicht so schnell ansteigen lässt wie Haushaltszucker oder Honig. Das macht ihn für Diabetiker und Menschen mit Blutzuckerkontrolle attraktiv. Der Fruktosefaktor: Süß, aber heimtückisch

Hier wird es heikel. Agavendicksaft enthält extrem viel Fruktose – sogar mehr als Maissirup mit hohem Fruktosegehalt (HFCS). Während Haushaltszucker (Saccharose) zu 50 % aus Fruktose und zu 50 % aus Glukose besteht, kann Agavendicksaft bis zu 90 % Fruktose enthalten.

Warum ist das wichtig?

Fruktose wird anders verstoffwechselt: Im Gegensatz zu Glukose, die von jeder Körperzelle genutzt wird, wird Fruktose fast vollständig von der Leber verarbeitet. Der Verzehr großer Mengen kann die Leber überlasten, was zu erhöhter Fettproduktion, höheren Triglyceridwerten und möglicherweise einer nichtalkoholischen Fettlebererkrankung führen kann.

Im Zusammenhang mit Stoffwechselproblemen: Eine hohe Fruktoseaufnahme wird mit Insulinresistenz, vermehrtem Bauchfett, höherem LDL-Cholesterin („schlechtem“ Cholesterin) und einem erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes und Herzerkrankungen in Verbindung gebracht.

Löst kein Sättigungsgefühl aus: Fruktose stimuliert Insulin oder Leptin nicht so stark wie Glukose, was bedeutet, dass Sie sich nach dem Verzehr möglicherweise nicht so satt fühlen – was möglicherweise zu übermäßigem Essen führt.

Gesundheitsvorteile: Gibt es auch Lichtblicke?

Antioxidantien und Präbiotika

Antioxidantien: Agavendicksaft enthält einige Antioxidantien (Flavanone, Flavone, Tannine, Saponine), die jedoch größtenteils bei der Verarbeitung verloren gehen.

Inulin: Rohe Agave enthält Inulin, einen präbiotischen Ballaststoff, der die Darmgesundheit unterstützt. Der meiste kommerzielle Agavendicksaft enthält jedoch nach der Verarbeitung wenig bis gar kein Inulin mehr.

Weitere potenzielle Vorteile

Niedriger GI: Kann zur Blutzuckerkontrolle gegenüber Haushaltszucker oder Honig vorteilhafter sein, jedoch nur in sehr geringen Mengen.

Vegan und allergikerfreundlich: Geeignet für Menschen, die Honig meiden oder an bestimmten Lebensmittelallergien leiden.

Gesundheitsrisiken: Die Schattenseiten der Agave

  1. Hoher Fruktosegehalt

Leberüberlastung: Überschüssige Fruktose kann in der Leber in Fett umgewandelt werden und das Risiko einer Fettlebererkrankung erhöhen.

Insulinresistenz: Chronisch hoher Fruktosekonsum kann zu Insulinresistenz und metabolischem Syndrom führen.

Herzgesundheit: Eine hohe Fruktoseaufnahme steht im Zusammenhang mit erhöhten Triglyceriden und LDL-Cholesterin, was das kardiovaskuläre Risiko erhöht.

  1. Kalorienreich

Mehr Kalorien als Zucker: Agavendicksaft enthält pro Portion mehr Kalorien als Weißzucker (60 gegenüber 48 pro 3 Teelöffel).

Überdosierung: Da er süßer als Zucker ist, kann man zwar weniger verwenden, aber trotzdem leicht zu viel davon konsumieren.

  1. Hochverarbeitet

Nicht „roh“ oder „vollständig“: Agavendicksaft ist meist hochverarbeitet, wodurch wertvolle Nährstoffe und Ballaststoffe verloren gehen.

Nicht alle Marken sind gleich: Einige Produkte mit der Bezeichnung „Bio“ oder „Natur“ sind dennoch stark verarbeitet und können Sirup oder Füllstoffe enthalten.

  1. Nicht für Säuglinge geeignet

Risiko bei nicht pasteurisiertem Agavendicksaft: Wie Honig sollte auch Agavendicksaft aufgrund des Botulismusrisikos nicht an Säuglinge verfüttert werden.

Agavendicksaft vs. andere Süßstoffe

SüßstoffGlykämischer IndexFructosegehaltKalorien (pro EL)Bemerkenswerte VorteileBemerkenswerte Nachteile
Agavendicksaft13-27Up to 90%60Niedriger GI, veganHoher Fruktosegehalt, verarbeitet, mehr Kalorien
Honig58-8340%64Antioxidantien, weniger verarbeitetHöherer GI, nicht vegan, Risiko für Säuglinge
Ahornsirup5435%52Antioxidantien, MineralienHöherer GI, weniger süß
Haushaltszucker65-9250%48Günstig, vertrautHoher GI, leere Kalorien
Agavendicksaft vs. andere Süßstoffe

Was sagen die Experten?

American Diabetes Association: Agavendicksaft ist ein Süßungsmittel, das man ebenso wie Zucker, Honig und Ahornsirup nur in Maßen zu sich nehmen sollte.

American Heart Association: Empfiehlt maximal 6 Teelöffel Zuckerzusatz pro Tag für Frauen und 9 Teelöffel für Männer – einschließlich Agavendicksaft.

Ernährungswissenschaftler: Viele argumentieren, Agavendicksaft sei nicht gesünder als andere Süßstoffe und sollte, wenn überhaupt, nur sparsam verwendet werden.

Fazit: Süßstoff oder Gesundheitskiller?

Bio-Agavendicksaft ist nicht das schuldfreie „Wundermittel“, als das er oft angepriesen wird. Er hat zwar einen niedrigen glykämischen Index und erhöht dadurch den Blutzuckerspiegel weniger, enthält aber extrem viel Fruktose – eine Zuckerart, die bei übermäßigem Verzehr mit einer Vielzahl von Stoffwechselproblemen in Verbindung gebracht wird. Die geringen Mengen an Antioxidantien und Nährstoffen gehen bei der Verarbeitung größtenteils verloren, sodass die potenziellen Vorteile durch die Risiken eines übermäßigen Konsums überwogen werden. Wenn Sie den Geschmack lieben und gelegentlich kleine Mengen Agavendicksaft verwenden möchten, ist es unwahrscheinlich, dass er Ihnen schadet. Greifen Sie jedoch täglich zu Agavendicksaft, um Ihre Gesundheit zu verbessern, sollten Sie sich an Vollwertkost halten oder weniger verarbeitete Süßstoffe wie Ahornsirup (für Mineralien und Antioxidantien) oder sogar Rohhonig (wenn Sie nicht vegan leben) wählen.

Denken Sie daran: Kein zugesetzter Süßstoff – ob biologisch oder nicht – ist in großen Mengen wirklich „gesund“. Für eine optimale Gesundheit konzentrieren Sie sich auf natürlich süße Lebensmittel wie Obst und verwenden Sie alle zugesetzten Süßstoffe sparsam.

Referenzen
  1. https://en.wikipedia.org/wiki/Agave_syrup
  2. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC9222424/